Frage 1 „Zunächst möchten wir wissen, was für Dich zum Sächsischen Bergsteigen dazu gehört?“
Zum größten Teil stimmten die Befragten mit ihrem Selbstverständnis zum Sächsischen Bergsteigen mit der Ansicht des Antrag-Teams überein und widersprachen diesen nicht. Am meisten wird als Merkmal für das Sächsische Bergsteigen das Zusammenspiel von Natur, Gemeinschaft und sportlichem Abenteuer mit einem bewussten Risikomanagement hervorgehoben.
Die Beschreibung dessen, was Sächsisches Bergsteigen ausmacht, hat zu einer sehr facettenreichen Bild geführt. Die hier gebildeten Kategorien sind für diesen Zweck der Auswertung nicht perfekt disjunkt (das heißt es kann inhaltliche Überschneidungen geben) oder vollkommen widerspruchsfrei. Es wird nicht der Anspruch erhoben, alle erwähnten Merkmale des Sächsischen Bergsteigens lückenlos abzubilden. Dies war für die Antragstellung nicht zwingend notwendig und es ist für die Beschreibung der Kultur auch nicht abschließend möglich.
Im Folgenden werden die gebildeten Kategorien sortiert nach Oberkategorien aufgelistet, eine weitere Beschreibung erscheint für diese Frage nicht notwendig.
1. Klettern/Bergsteigen
1a Regeln: Sächsische Kletterregeln; kein Magnesia; Kletterverbot bei Nässe; Erstbegehung von unten;
1b Klettertechniken: Kamine (auch grüne); Sprünge; Übertritte; Baustellen; Klettern entlang „natürlicher“ Linien; dreidimensionales Klettern am Fels (um den Fels herum, in Kamine) und daher besondere Kletternotationen; Risse; Rumkrauchen; Spatel; Zurückklettern; Frei Klettern; sauberes Klettern; Seilführung beachten; Nachholen der Seilschaft auf dem Gipfel / am Standplatz; Reibungen
1c Sicherungen: Textile Sicherungen (Schlingen, Sanduhren, Blöcke, Ufos, Kinderkopf); An natürlichen Gegebenheiten sichern (Sanduhren, Spalten)
1d Abenteuer und Risikomanagement: moralischer Anspruch; objektive Gefährdung; sehr lange, teils abenteuerliche Zustiege oder Wege (im Vergleich zu anderen Mittelgebirgen); teilweise sehr selten begangene Wege und Gipfel; Eigenes Können muss den Wegen entsprechen; Verzicht auf Wege oder Fortsetzung von Wegen (Sack hängen lassen); teilweise sehr schlecht gesicherte Passagen oder Kletterrouten; bröslige Griffe; kleinere Blessuren (Aufreiben der Haut) in Kauf nehmen; Eigenständiges Finden der Sicherungen im Fels
1e Sport: Sicherheit und Naturschutz gehen vor sportlichem Erlebnis/Erfolg; Klettern unterhalb des eigenen Könnens im Vorstieg; sportlicher Anspruch; sportliche Erlebnisse; das Suchen von Kletterwegen und Griffen
1f Gipfel: Gipfelbuch; Aussicht; nur freistehende Gipfel; Ausstieg auf Gipfel; Handschlag „Berg Heil“ / „Berg Frei“; Abseilen; Auf Gipfel sitzen/verweilen; Keine Massive
1g Verwandte Sportarten des Sächsischen Bergsteigens: Greifenstein; Königshainer Berge; Bouldern; Sportklettern; Leipziger Umland; Höhlenbergfahren; Kletterstiegen
1h Zustieg zum Fels: Orientierung; Wanderung zum Fels; Kletterzustiege (mit schwarzem Pfeil); auch lange, schwer zu findende Zustiege.
2. Natur
Ringe nur an schweren Stellen / zum Nachholen; Genuss der schönen Landschaft; keine Bearbeitung des Felses; Verzicht auf metallische Sicherungsgeräte; vorgegebene und markierte Zustiege; Ringabstände und Abstände zwischen Wegen; Natur und Landschaft erleben; felsschonende Seilführung und Kletterei; Horstschutzzonen; Ruhe und Abgeschiedenheit; Einschätzung des Wetters.
3. Soziales und Kultur
3a Gemeinschaft: Vom Kleinkind bis zum Greis; Integration von Menschen mit einfachen Kletterkenntnissen; Seilschaft (oft zwei oder mehr Personen); Kletterklubs; gemeinsames Klettererlebnis (mit Freunden, Klubs und Familie); Familientraditionen; Austausch über Klettern; Gemütlichkeit; Bildervorträge über Bergtouren; Aufnahme Rituale in Klubs; Verantwortung für das Leben anderer und Vertrauen in die Verantwortung anderer; Rücksichtnahme; Vor- und Nachsteiger; Duzen
3b Gesellschaft: Fortentwicklung der Tradition; Agieren im Nationalpark; mit ÖPNV zum Fels; ehrenamtliches Engagement für Natur- und Jugendarbeit; leichte Anpassung an die Zeit (z.B. neue Textilsicherungen)
3c Boofen: Boofen für Kletternde; Boofen mit Feuer; Singen am Feuer
3d Gipfelbuch: Zählung; vorgegebene Systematik und platzsparendes Einschreiben; Abschluss mit Lineal
3e Kletterkultur: Zettelwege; Jahreserste
3f Kultur um das Bergsteigen: Bergsteigerchor und Gesang; Totensonntag auf der hohen Liebe; Sommersonnenwende; Bergsteigerfasching mit dem Klub; Berghütten; bunte alte Kletterkleidung
4. Emotionales
Mut (einen Weg in Angriff zu nehmen/weiter zu klettern); Angst vor Absturz; Freude über (gemeinsame) Klettererfolge; Scheitern und Enttäuschung; Trauer (Verlust von Kletterfreund*innen); Frustration (Vorsteigen als „Durchschnittsfrau mit Kindern“ eigentlich nicht möglich; Abhängigkeitsgefühl von moralisch stärkeren Kletternden); Ruhe in Natur; Zugehörigkeitsgefühl; kein Heldentum; Freiheitsgefühl; Grenzerfahrung
„Sportklettern ist wie Einkaufen im Laden – man schaut im Werbeprospekt/KleFue nach dem Preis/Schwierigkeit und kauft/klettert (Nachteil: man erinnert sich an nichts, weil ein großer Teil fehlt). Im Vergleich dazu ist das Sächsische Klettern wie Handarbeit/selbstgemacht; man macht sich Gedanken, kämpft an der Umsetzung und mit dem eigenen Schweinehund, lernt unglaublich viel dazu und ist am Ende stolz über sich, man teilt die Erlebnisse als erstes auf dem Gipfel mit der Seilschaft und weil man sich erinnert an die Erlebnisse kann man auch später noch davon berichten“
Zitat aus der Befragung